Das Leben mit Mukoviszidose ist ein ständiges Auf und Ab. Mal geht es einem gut, dann kommen plötzlich schwere Zeiten, die den Betroffenen viel Mut und Stärke abverlangen. Wir freuen uns sehr, dass ihr nun die wunderbare Geschichte von Wienke lesen könnt! Sie erzählt uns von ihren Erfahrungen mit Mukoviszidose und was ihr die Kraft gibt, immer weiter zu machen!
Hallo ihr Lieben,
Ich bin Wienke, komme aus Hamburg und bin 18 Jahre alt. Mein fev1 Wert liegt zurzeit bei ca. 52.
Mukoviszidose wurde mit ca. 8 Monaten bei mir diagnostiziert. Die Ärzte kamen auf die Idee einen Schweißtest zu machen, weil ich immer sehr stark gehustet habe und da mein Papa Asthma hat, haben meine Eltern sich natürlich Sorgen gemacht, dass es mich auch erwischt haben könnte. Vor der Diagnose hat mein ehemaliger Arzt uns auch schon empfohlen zu inhalieren, damit mein Zustand sich nicht verschlechtert.
Die Ärzte, die meine Krankheit diagnostiziert haben, haben uns dann zu einer Praxis geschickt, in der man sich mit Muko auskennt. Seitdem bin ich von tollen Ärzten umgeben, die immer mit mir zusammen arbeiten und niemals ohne mich Entscheidungen treffen. Mein Arzt hat lange gebraucht, um mich zu meiner ersten IV-Therapie zu überreden, weil ich eine sehr ausgeprägte Spritzenphobie habe, aber letztendlich habe ich mich dann kurz vor meinem Geburtstag 2013 für die IV entschieden. Mir wurde alles super erklärt und mit einem Einschwemmkatheter lief alles bestens. Für alle weiteren Therapien hatte ich auch Einschwemmer, denn die halten problemlos 14 Tage Infusionen aus.
Im Dezember 2014 hat man eine neue Therapie gegen das Mykobakterium mit mir ausprobiert, die ich überhaupt nicht vertragen habe, aber der Arzt aus dem Krankenhaus wollte die Medikamente nicht absetzen und so ging es mir immer schlechter. Im neuen Jahr hatte ich mich wieder erholt und alles ging wie gewohnt, bis mir auf einmal permanent schwindelig und schlecht war. Wir haben daraufhin die Tabletten abgesetzt, die zu dieser neuen Therapie gehören. Keine zwei Wochen später wurde aus einer dicken Erkältung eine größere Sache und bis heute weiß keiner was es wirklich war. Nach zwei Besuchen beim Hausarzt und einer schlaflosen Nacht am offenen Fenster, haben meine Eltern beschlossen mich ins Krankenhaus zu bringen. Dort bekam ich Sauerstoff, weil mein Wert viel zu niedrig war. So verbrachte ich neun Tage im Krankenhaus, mit IV-Therapie und sämtlichen Untersuchungen. Seitdem ist meine Lungenfunktion auch nicht mehr die Beste. Vorher war der fev1 Wert immer zwischen 70 und 80 und seit 2015 komme ich nicht mehr über 60.
Nachdem ich mich von dem kleinen Schock erholt hatte, ging alles ganz normal weiter. Ich war wieder in der Schule und nicht mehr so oft krank. Ich konnte endlich wieder reiten und wie gewohnt zum Cello Unterricht gehen. Wir waren sogar auf Reisen, dazu schreibe ich euch aber später mehr.
Mit dem Anfang der 12. Klasse (August 2016) ging nochmal alles bergab. Ich war mehr Zuhause als in der Schule, so sahen leider auch die Noten aus und im Dezember war es dann soweit, dass ich die Schule abbrechen musste. Zu dem Zeitpunkt fand ich das gar nicht lustig, denn ich wollte eigentlich irgendwie durch das Abi kommen und es war schwer meinen Freunden von außen zuzugucken, wie sie langsam aber sicher ihren Weg zu den Prüfungen machten. Mittlerweile bin ich aber mehr als froh, dass alles so passiert ist.
Von Dezember 2016 bis Juli 2017 ist viel passiert. Wir brauchten eine Begründung für die Behörde, dass ich die Schule vorzeitig verlasse, also ging es mal wieder ins Krankenhaus und dieses Mal war es kein Spaziergang, wie sonst. Mir konnte kein Einschwemmer gelegt werden, weil meine Venen zu schlecht waren, weshalb ich normale Zugänge bekam. Die haben nie länger als zwei Tage gehalten und so kam es zu meinem Port, den ich am siebten Tag im Krankenhaus bekommen habe. Ich hatte wahnsinnige Angst vor der OP, aber letztendlich war es doch gar nicht so schlimm und mit dieser OP hat sich mein Leben verändert. Mir geht es körperlich und besonders vom Kopf her viel besser, denn mit dem Port wird die Angst vor Nadeln geringer. Jetzt braucht man ja schließlich nur noch ein einziges Mal zu stechen. Dazu habe ich das Gefühl, dass ich viel offener und positiver mit Muko umgehe und Muko und ich sind jetzt auch keine Feinde mehr, sondern leben fröhlich nebeneinander, ganz nach dem Motto: Lässt du mich in Ruhe, lass ich dich in Ruhe. Das „Motto“ habe ich mir zusammen mit meiner Hypnotiseurin erarbeitet, die wir um Rat gefragt haben, als es mir 2016 immer schlechter ging. Außerdem habe ich mich in der ganzen schweren Zeit verstärkt mit einer Freundin, die ebenfalls Muko hat, ausgetauscht und sie hat mich immer wieder unterstützt und mir viel Kraft gegeben, sowie ein paar andere Freunde. Familie und Freunde sind für mich in solchen Phasen extrem wichtig und es zeigt einem immer wieder, wer seine richtigen Freunde sind.
Jetzt, im Juli 2017, habe ich meinen Weg gefunden oder weiß zumindest, was ich in Zukunft machen kann und möchte. Die Schule werde ich diesen Monat mit dem Fachabitur verlassen. Ich habe die schulfreie Zeit genutzt, um ein Praktikum am Landgericht zu machen und damit habe ich eine Möglichkeit für eine Ausbildung zur Justizfachangestellten gefunden. Außerdem habe ich mich wieder an den Sport gewagt und versuche alles, um meine Lungenfunktion zu verbessern. Seit Juni habe ich eine Reitbeteiligung und verbringe viel Zeit bei den Pferden, denn dort kann ich so richtig abschalten und hinzu kommt, dass sich durch die starken Bewegungen meines Pferdes oft Schleim löst. Reiten ist also nicht nur Bakterien und Keime aufsammeln, wie viele sagen.
Jetzt komme ich noch kurz zu den Reisen, wie oben versprochen.
Ein bis zwei Mal im Jahr fliegen meine Eltern und ich in den Urlaub. Anfangs sind wir jedes Jahr in den USA oder einem europäischen Land gewesen, dort braucht man sich auch keine Sorgen wegen der Versorgung bei Muko machen. Anders ist das in Australien, dachten Mama und ich zumindest, aber wir haben Kontakt zu dem australischen Muko Verein aufgenommen und uns wurde sofort gesagt, wo welche Krankenhäuser sind und dass wir auch gerne beim Verein anrufen können, wenn etwas passieren sollte. Man muss seine Reise nur gut vorbereiten, dann passiert auch meistens nichts. 2016 waren wir in Namibia, dort ist das alles etwas kompliziert, denn dort kennt man die Krankheit so gut wie gar nicht. Wir haben uns also nur deutsche Ärzte gesucht, zu denen man im Notfall kann. Bis jetzt hat es im Urlaub oder auf dem Flug dorthin bzw. zurück nie Probleme gegeben. Gute Vorbereitung (ausreichend Medizin, Inhalierer etc) und Besprechung mit dem Arzt sind sehr wichtig und vielleicht auch die richtige Reisebegleitung. Selbst in Dubai, bei einer unglaublichen Hitze, war alles gut. Man muss nur zusehen, dass man genug trinkt, auf seinen Körper hört und ggf. auch einfach mal einen faulen Tag einlegt.
Wenn ihr aber so richtig sicher reisen wollt, dann solltet ihr es mal mit einer Kreuzfahrt versuchen. Es ist immer ein Arzt an Bord und die Seeluft tut auch sehr gut.
Aus den ganzen Aufs und Abs habe ich gelernt, dass Mukos richtige Helden sind, auch wenn wir uns oft klein und schwach fühlen. Wir kämpfen nicht nur im „normalen“ Leben, sondern auch in unserem Muko-Leben und das macht uns zu starken Persönlichkeiten, auch wenn wir am Ende vielleicht nicht gewinnen. Gebt also niemals auf, verfolgt eure Ziele und lebt im hier und jetzt und genießt euer Leben. Ich lasse mir den Spaß an meinen Hobbys nicht nehmen, auch wenn es mir mal nicht so gut geht. Ich finde immer einen Weg auf meinem Pferd zu sitzen oder auch in den Urlaub zu fahren, denn man kann schließlich alles auf seinen Zustand anpassen. Selbst wenn wir im Urlaub nur wenig unternehmen, genieße ich es, dass wir überhaupt unterwegs sind. Nur so kann man schöne Erinnerungen für schlechte Zeiten sammeln und die Erinnerung kann uns niemand nehmen.
2 Kommentare
Liebe Wienke, du bist ein unglaublich tolles Mädchen das für unsere Familie ein großes Vorbild ist. Dich zu kennen, ist eine Bereicherung für alle.
Genieß dein Leben und verlerne nie zu lachen. Alles Liebe Familie Butzek 🌸
Hallo Wienke, schön zu lesen, dass es dir auch MIT Muko gut geht und vor allem, dass Pferde dich in deinem Leben so bereichern und begeistern. Ich habe selbst 2 Pferde, 1 Reitpferd und noch ein Pony aus Kindheitstagen und hoffe irgendwann einmal mit meinem Sohn (2 Jahre mit Muko) ausreiten zu können. Toll, das deine Eltern so schöne Reisen mit dir machen! Wir waren auch grad mit unserem Sohn im Urlaub und haben uns, für den Fall der Fälle, einen Adapter zugelegt, mit dem man den Pari Boy dann auch im Auto hätte anschließen können 😉