Tabletten nehmen im Alltag – Mukoviszidose verstecken?

 

Jeden Tag müssen Mukoviszidose Betroffene Tabletten nehmen. Nicht ein oder zwei Pillen sondern eher zwanzig bis dreißig einzelne Kapseln. Zu Hause bzw. in der persönlichen Komfortzone ist das kein Problem. Aber wie wird das Einnehmen der Medikamente außerhalb der eigenen vier Wände – in der Schule, auf der Arbeit, beim Date? – gehandhabt?

 

Sie kennt mich nicht

Freitag Abend, 19:00 Uhr, ein gemütlicher Italiener in der Kölner Innenstadt. Nervös spiele ich an meiner Serviette rum, was hauptsächlich an dem wunderschönen Mädchen mir gegenüber liegt. Wir haben unser erstes richtiges Date – romantisch Essen gehen. Super lecker, super Gespräch, super Idee? Naja, geht so. Sie weiß noch nichts von meiner Mukovizsidose – hat noch nie gesehen, wie ich Tabletten nehme. Clever, wie ich bin, schinde ich einfach noch was Zeit – schiebe die Nudeln quer über meinen Teller und erzähle irgendwas von Hunden und Katzen. Mit „Was sind denn deine Lieblingstiere?“ stoße ich einen Monolog meiner Begleiterin an. Nun habe ich die Möglichkeit, beiläufig dumm nickend, über mein Tabletten-Nehmen-Mukovizsidose-Outing sowie mögliche Handlungsalternativen nachzudenken:

 

Tabletten im Alltag – situationsabhängig

Zu Hause ist Tabletten nehmen einfach – die Dinger liegen fein sortiert in Medikamentendöschen überall rum. Alle meine Besucher und ich sehen sie und da 99% der Menschen, die mich besuchen, Bescheid wissen, kommen keine Fragen zu dem Thema. Ein Zustand, der sehr schön ist, da es mir zeigt, wie sehr ich mit meiner Krankheit und deren Umstände akzeptiert werde.

Bin ich unterwegs – zum Beispiel damals in der Schule oder heute auf der Arbeit – habe ich meine Medikamentendöschen immer in der Hosentasche. Klein und unauffällig ist zwar etwas Anders, aber es geht in einer für Jungen gut geschnittenen Jeans noch. Benötige ich meine Tabletten, ziehe ich die Dose aus der Hosentasche, lege mir am Tisch sitzend unterhalb der Tischkante die Tabletten in die Hand und nehme sie dann relativ schnell. Das ist ein so routinierter und schneller Ablauf, dass die Meisten es gar nicht bemerken, wenn ich meine Medikamente nehme. Kommt dennoch eine Nachfrage, lege ich meist das Medikamentendöschen auf den Tisch und erkläre, wofür welche Tablette notwendig ist. Mag ich die Menschen, welche Nachfragen stellen nicht oder nicht besonders, zeige ich die Tabletten zwar auch sage dazu aber sowas wie „Die machen mich glücklich“.

Wenn ich in die Situation komme, vor Fremden, welche ich nicht unbedingt so nah an mich ranlassen möchte, meine Mukovizsidose Tabletten nehmen zu müssen, gehe ich meist auf Toilette und widme mich dort in Ruhe meiner Medikamentation. Einfach aber effektiv: es bekommt keiner mit und es ist auch nichts besonderes, wenn jemand auf Toilette gehen muss.

Normalerweise würde ich meine jetztige Situation mit der Tischkanten-Hand-Mund-Taktik lösen. Das Problem dabei ist, dass sie mich natürlich – anders als auf der Arbeit mit mehr Menschen beim Mittagessen – total fokussiert. Ihr werden die ungewöhnlichen Bewegungen nicht entgehen und dann ist diese Lösung komplett unnötig. Dann könnte ich die Medikamente auch einfach direkt auf den Tisch legen und über meine Mukoviszidose reden. Wenn ich mich in der Nähe der Dame irgendwann wohlfühlen möchte, muss ich das ja eh…

 

Ein Held, der ich bin

„Du, ich muss dich leider kurz alleine lassen“ – sagt sie, steht auf und geht Richtung Toiletten. Innerlich lache ich mich selbst ein bisschen aus, nehme dann in Ruhe alleine am Tisch meine Tabletten und schwöre mir, ihr zeitnah von Mukovizsidose zu erzählen – ganz bestimmt.

 

Die eigene Komfortzone erweitern

Auch, wenn es in der vorherigen Date-Anekdote anders scheint:
Ich finde es sehr wichtig, zu seiner Mukovizsidose Erkrankung zu stehen!
Sich nicht deswegen zu verstecken, sondern so zu sein, wie man ist und auch seine Tabletten in der Öffentlichkeit zu nehmen. Natürlich gibt es AUSNAHME-Situationen (z. B. erstes Date oder Geschäftsessen), in denen die Einnahme der Medikamente einem selbst unangenehm erscheint und hierbei tendiere ich dann doch zu diskreten Lösungen wie das Verschwinden auf Toilette.
Das Ziel muss allerdings ganz klar sein, die eigene Komfortzone kontiniuerlich zu erweiten, sodass die Tabletten auch in der Schule oder auf der Arbeit – im Alltag – problemlos offen genommen werden können!
Gewöhnt eure Mitmenschen an eure Mukoviszidose Erkrankung. Nur, weil man einem die Krankheit nicht direkt ansieht oder die meisten Menschen unaufgeklärt sind, müsst ihr euch nicht verstecken! Anfangs braucht es Mut, Geduld und einige Erklärungen aber es lohnt sich – ihr macht das für euch!

 

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