Spaß am Umgang mit Kindern, Freude am Unterrichten und der Begleitung der Entwicklung der Kinder – für viele Menschen ist der Beruf des Grundschullehrers ein absoluter Traumberuf. Für die Mukoviszidose Betroffene Johanna* ist dieser Traum in Erfüllung gegangen. In ihrem Erfahrungsbericht könnt ihr lesen, wie sie trotz Widerstände ihr Referendariat erfolgreich abgeschlossen und was sie dabei motiviert hat!
Nachdem ich nach 5 Jahren mein Studium mit dem 1. Staatsexamen erfolgreich beendet und auch das Studentenleben (neue Stadt, erste eigene Wohnung, viele Partys) genossen hatte, kam ich meinem Berufswunsch „Grundschullehrerin“ mit dem nun anschließenden Referendariat (genauer: Vorbereitungsdienst) immer näher.
Bei meiner Bewerbung für den Vorbereitungsdienst gab ich meinen damaligen GdB und den Wunsch an, dass ich aufgrund meines Therapieaufwandes gerne eine Schule in Wohnortnähe zugewiesen bekommen würde. Glücklicherweise wurde dies berücksichtigt und ich erreichte innerhalb von 10-15 Minuten die Schule zu Fuß. Später nahm ich meist den Bus oder das Auto, da ich mit Plakaten, 25 Heften, Büchern, einer gebastelten Arche Noah plus den ganzen Tieren doch zu schwer bepackt war…
Vorstellung an der Schule
Dann war der große Tag gekommen und ich stellte mich bei meiner zugewiesenen Schule vor. Die Nacht zuvor hatte ich vor Aufregung kaum ein Auge zugetan. Fragen wie:
„Wie würde der Rektor auf meine Erkrankung reagieren? Soll ich es ihm wirklich sagen oder lieber verschweigen? Was würde dies für meine Arbeit bedeuten?“, geisterten mir durch den Kopf. Das folgende Gespräch verlief jedoch reibungslos und ich hatte einen guten Eindruck, so dass ich am Ende des Gesprächs dem Rektor meine Erkrankung Mukoviszidose kurz erläuterte.
Strapazen für den Traum
Nach der Vereidigung und Verbeamtung auf Widerruf begann mein eigentlicher Vorbereitungsdienst.
Der Beginn war schon für gesunde Mitreferendare sehr stressig und fordernd: ständig stand man unter Beobachtung, wollte sich von seiner besten Seite zeigen, neue Unterrichtsmethoden ausprobieren, Kindern Freude am Lernen vermitteln, Arbeitsgemeinschaften anbieten (in meinem Fall: eine Tanz AG), musste spontan Vertretungsstunden geben, Elterngespräche führen, an Konferenzen teilnehmen usw. Da blieb man dann häufiger bis spät abends in der Schule.
Jedoch kam bei mir, wie bei fast allen Mukoviszidose Erkrankten, noch die zeitaufwändige Therapie hinzu, d.h. während meine Freunde noch schliefen, stand ich vor 6 Uhr auf und inhalierte, machte Dehnübungen usw. Ich hatte den Eindruck, dass der Tag viel zu wenig Stunden für all meine Verpflichtungen und Termine hatte: Therapie, hochkalorische Mahlzeiten kochen und essen, Physiotherapie, Arztbesuche, Sport machen und dann natürlich noch die ganz „normalen“ beruflichen Herausforderungen. Mein Schlafpensum pro Nacht betrug in dieser Zeit um die 6 Stunden, was natürlich für einen chronisch kranken Menschen viel zu wenig ist.
Wofür es sich lohnt
Die Arbeit mit den Kindern und den Kolleginnen entschädigte mich jedoch für all die Strapazen. So freute es mich zu sehen, welche Fortschritte die Schülerinnen und Schüler machten, wie ich sie dabei unterstützen konnte und welchen Rückhalt ich im Kollegium genoss (Niemand beschwerte sich über meine Fehlzeiten und dadurch zusätzlich anfallende Unterrichtsstunden – ein Umstand, der nicht selbstverständlich ist).
Der Körper reagiert
Leider hatte ich anfangs einen Infekt nach dem anderen, da die Kinder von ihren Eltern teilweise krank in die Schule geschickt wurden und es in der Grundschule unmöglich ist Abstand zu den kranken Kindern zu halten (u.a. wird man angeniest, angehustet, sitzt mit den Kindern im Sitzkreis, muss Erbrochenes wegwischen). Wahrscheinlich spielte auch mein Schlafdefizit, der hohe Stresspegel und die etwas vernachlässigte Therapie (kaum Sport, wenig gehaltvolles Essen – meist aus der Dose) meinem Immunsystem nicht gerade in die Hände.
So kam es, dass ich ca. 3 Monate nicht arbeiten gehen konnte und stattdessen längere Zeit im Krankenhaus verbrachte.
Einfach mal einen Gang rausnehmen
Durch diese Zwangspause geriet ich zeitlich in Verzug. So musste ich einige Unterrichtsbesuche (Prüfungen, bei denen der Referendar seinen Fachleitern eine vorbereitete und dokumentierte Unterrichtsstunde zeigt) absagen. Ich entschloss mich, meinen Vorbereitungsdienst um die 3 Monate zu verlängern und mich selbst so nicht noch mehr unter Druck zu setzen.
Dazu stellte ich einen Antrag auf Verlängerung des Vorbereitungsdienstes und reichte meine AU ein. Dies erwies sich als mit eine der besten Entscheidungen während meines beruflichen Werdegangs. So bekam ich die verlorene Vorbereitungszeit zurück und musste mein Arbeitspensum nicht noch mehr erhöhen.
Die Leiterin meines Studienseminars jedoch empfand diese Anfrage als Unverschämtheit und warf mir vor: „Wie können Sie überhaupt diesen Beruf ausüben, wenn sie doch so krank sind?!“ Dies traf mich sehr, da ich ja alles versuchte um diesem Beruf gerecht zu werden und auch andere Mitreferendare ihre Vorbereitungszeit, u.a. wegen einer Schwangerschaft oder einer Beurlaubung, verlängerten.
Happy End
Nichtsdestotrotz arbeitete ich weiter, bestand meine Unterrichtsbesuche und hatte auch sehr viele lustige und rührende Erlebnisse mit meinen Schülern. So erklärte ich ihnen, dass man in die Armbeuge hustet und sie ermahnten sich bei Nichteinhaltung gegenseitig mit den Worten: „Du musst so (in die Armbeuge) husten, sonst wird Frau X wieder krank und wir haben keinen Unterricht bei ihr!“
Nach 2 Jahren und 3 Monaten bestand ich dann meine Unterrichtspraktischen Prüfungen und hatte trotz aller Widrigkeiten endlich das 2. Staatsexamen in der Tasche.
Seitdem bin ich offiziell Lehrerin!
*Name geändert, Anmerkung der Redaktion